Von Celsius und Fahrenheit

Sie telefonieren mit einem Freund in den USA während eines eisig kalten Wintertages. „Es hat hier minus \(40\) Grad!“, rufen Sie beide gleichzeitig am Telefon aus. Normalerweise müsste jetzt geklärt werden, wer Celsius und wer Fahrenheit meint – aber nicht bei dieser speziellen Temperatur. Warum ist das so? Dieser Punkt ist die einzige Temperatur, bei der die Celsius- und die Fahrenheit-Skala übereinstimmen!


\(−40\) Grad Fahrenheit sind genau \(−40\) Grad Celsius. Das ist kein Zufall, sondern eine direkte Folge der linearen Beziehung zwischen beiden Skalen. Beide Temperaturskalen sind affine Transformationen (linear + Verschiebung) derselben physikalischen Größe „Temperatur“. Die Umrechnung zwischen diesen beiden Skalen ist oft mühsam. Doch es gibt einen interessanten Punkt, an dem beide Skalen denselben Zahlenwert haben.

  • Celsius-Skala (°C):
    \(0^\circ\mathrm{C}\) Gefrierpunkt von Wasser
    \(100^\circ\mathrm{C}\) Siedepunkt von Wasser
    Abstand zwischen diesen Fixpunkten: \(100\) Grad.
  • Fahrenheit-Skala (°F):
    \(32^\circ\mathrm{F}\) Gefrierpunkt von Wasser
    \(212^\circ\mathrm{F}\) Siedepunkt von Wasser
    Abstand zwischen diesen Fixpunkten: \(212-32=180\) Grad.

Damit ist das Verhältnis (Steigung) zwischen den Skalen festgelegt:

\[
\frac{180}{100}=\frac{9}{5}
\]

Der Nullpunkt (Offset) unterscheidet sich ebenfalls: \(0^\circ\mathrm{C}\) entspricht \(32^\circ\mathrm{F}\).

Um nun die Standardformel herzuleiten, suchen wir eine affine Abbildung der Form
\[
T_\mathrm{F}=a T_\mathrm{C}+b,
\]

wobei \(a\) die Steigung (Skalenfaktor) und \(b\) der Offset ist.

Die folgenden zwei Bedingungen genügen, weil eine affine Abbildung durch zwei Punkte eindeutig bestimmt ist:

  1. \(T_\mathrm{C}=0 \Rightarrow T_\mathrm{F}=32 \Rightarrow 32 = a\cdot 0 + b \Rightarrow b=32.\)
  2. \(T_\mathrm{C}=100 \Rightarrow T_\mathrm{F}=212 \Rightarrow 212 = a\cdot 100 + 32 \Rightarrow a=\frac{212-32}{100}=\frac{180}{100}=\frac{9}{5}.\)

Einsetzen liefert die Standardformel:
\[
T_\mathrm{F}=\frac{9}{5} T_\mathrm{C}+32
\]

Die Umkehrung (von Fahrenheit nach Celsius) erhält man, indem man nach \(T_\mathrm{C}\) auflöst:
\[
T_\mathrm{C}=\frac{5}{9}\left(T_\mathrm{F}-32\right)
\]

Gesucht ist nun die Temperatur \(T\), bei der der identische Zahlenwert in beiden Skalen erscheint:
\[
T_\mathrm{F}=T_\mathrm{C}\equiv T
\]

Man setzt nun \(T_\mathrm{F}\) in die Standardformel ein:
\[
T=\frac{9}{5}T+32 \Leftrightarrow T-\frac{9}{5}T=32
\]

und schließlich
\[
\left(1-\frac{9}{5}\right)T=32 \quad\Rightarrow\quad \left(\frac{5}{5}-\frac{9}{5}\right)T=32 \quad\Rightarrow\quad -\frac{4}{5}T=32.
\]

Damit ergibt sich für \(T\)
\[
T=-32\cdot\frac{5}{4}=-8\cdot5=-40
\]

und damit
\[
-40^\circ\mathrm{F} = -40^\circ\mathrm{C}.
\]

Für positive Celsius-Werte liefert \(T_\mathrm{F}=\tfrac{9}{5}T_\mathrm{C}+32\) stets einen größeren Zahlenwert als \(T_\mathrm{C}\) (z. B. \(0^\circ\mathrm{C} \rightarrow 32^\circ\mathrm{F}\), \(20^\circ\mathrm{C}\rightarrow68^\circ\mathrm{F})\). Für hinreichend negative Celsius-Werte zieht man die \(32\) Grad zum Start der Fahrenheit-Skala faktisch unter Null. Irgendwann kompensiert das den Skalenfaktor \(\frac{9}{5}\). Dieser Ausgleichspunkt ist genau \(−40\): dort ist die zusätzliche Verschiebung \(+32\) gerade so groß, dass beide Zahlenwerte identisch werden. Graphisch sind \(T_\mathrm{F}= \tfrac{9}{5}T_\mathrm{C}+32\) (eine Gerade) und \(T_\mathrm{F}=T_\mathrm{C}\) (Diagonale) – der Schnittpunkt ihrer Linien liegt bei \((-40,-40)\).

Im Gegensatz gibt man absolute Temperaturen (z. B. für thermodynamische Berechnungen) in Kelvin oder Rankine an, wo kein Offset bei der Umrechnung der Skalen existiert (nur ein reiner Skalenfaktor). Zwischen Celsius und Kelvin gilt beispielsweise \(T_\mathrm{K} = T_\mathrm{C} + 273{,}15\). Die Existenz dieses Offsets ist genau der Grund, warum die Celsius-Fahrenheit-Abbildung affin und nicht rein linear ist. Die Gleichheit \(-40^\circ\mathrm{F}=-40^\circ\mathrm{C}\) folgt unmittelbar aus der affinen Beziehung zwischen Fahrenheit und Celsius.

Setzt man \(T_\mathrm{F}=T_\mathrm{C}\) in \(T_\mathrm{F}=\tfrac{9}{5}T_\mathrm{C}+32\) ein und löst, erhält man eindeutig \(T=-40\). Genau hier schneiden sich die beiden Skalen. Dieser Schnittpunkt bei \(-40\) ist der einzige Punkt, an dem die numerischen Werte beider Skalen identisch sind. Das liegt an der linearen Natur der Umrechnung: Zwei nicht-parallele Geraden schneiden sich immer in genau einem Punkt. Das nächste Mal, wenn jemand von \(-40\) Grad erzählt, muss man also nicht mehr explizit nachfragen, welche Skala gemeint ist.

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