Die meisten grafischen Dateimanager sortieren nicht streng lexikographisch, sondern per „natürlicher“ Sortierung („natural sort“). Ziffernblöcke im Namen werden dabei als Zahlen interpretiert – der größere Zahlenblock gewinnt, auch wenn rein alphabetisch das Gegenteil herauskäme. Die Idee hinter natürlicher Sortierung: Was Menschen meistens wollen, ist „9 vor 10“, „Kapitel 2 vor Kapitel 10“; ohne führende Nullen nachrüsten zu müssen.
Folgende Dateipaare werden aufsteigend wie folgt natürlich sortiert:
build-9e2.logbuild-950.log
Erstaunlich, aber erklärbar: Der erste Ziffer \(9\) ist kleiner als der erste Ziffernblock \(950\).
IMG_12113419_90.jpgIMG_0554363070_90.jpg
Die Zahl \(12113419\) ist kleiner als \(554363070\) (die führende \(0\) wird entfernt).
temp_0C.txttemp_2C.txttemp_-3C.txttemp_10C.txttemp_-12C.txt
Verglichen werden \(0\), \(2\), \(3\), \(10\), \(12\) – das „-“ wird nicht als Teil der Zahl gewertet.
Selbst „Alphabetisch“ ist nicht global eindeutig: Groß-/Kleinschreibung, Umlaute wie ä (Deutsch) oder Mehrzeichen-Buchstaben wie ch (Tschechisch) führen zu legitimen Varianten. „Rein alphabetisch“ ist also kontextabhängig. Der Windows-Explorer implementiert das in der Funktion StrCmpLogicalW. Während dessen Quellcode (shlwapi.dll) proprietär und nicht öffentlich ist, gibt es Reimplementierungen, beispielsweise von ReactOS:
{
TRACE("%s, %s\n", wine_dbgstr_w(str), wine_dbgstr_w(comp));
if (!str || !comp)
return 0;
while (*str)
{
if (!*comp)
return 1;
else if (*str >= '0' && *str <= '9')
{
int str_value, comp_value;
if (*comp < '0' || *comp > '9')
return -1;
/* Compare the numbers */
StrToIntExW(str, 0, &str_value);
StrToIntExW(comp, 0, &comp_value);
if (str_value < comp_value)
return -1;
else if (str_value > comp_value)
return 1;
/* Skip */
while (*str >= '0' && *str <= '9') str++;
while (*comp >= '0' && *comp <= '9') comp++;
}
else if (*comp >= '0' && *comp <= '9')
return 1;
else
{
int diff = ChrCmpIW(*str, *comp);
if (diff > 0)
return 1;
else if (diff < 0)
return -1;
str++;
comp++;
}
}
if (*comp)
return -1;
return 0;
}
Google Drive, OneDrive, KDE und co. zeigen ein ähnliches Sortierverhalten. CLI-Tools wie ls und find sortieren hingegen anders als GUI-Dateimanager. Semantik steckt in den Dateinamen, nicht in der API. Wer Ergebnisse ohne Überraschungen will, definiert Konventionen: Konsistente Trennzeichen, gepaddete Zahlen und ein klarer Umgang mit Einheiten. Dann wird „alphabetisch“ wieder berechenbar.