Paradoxe Gewinnstrategie beim Erraten von Zahlen

Thomas M. Cover hat 1987 in "Open Problems in Communication and Computation" folgende, verblüffende Frage gestellt: Spieler \(X\) schreibt zwei voneinander verschiedene und zufällig gewählte natürliche Zahlen \(A\) und \(B\) auf zwei verschiedene Zettel und legt diese verdeckt auf einen Tisch. Spieler \(Y\) wählt nun zufällig einen dieser Zettel aus, sieht die Zahl und muss sich nun entscheiden, ob diese Zahl kleiner oder größer ist als die andere Zahl, die noch verdeckt auf dem Tisch liegt.


Spieler \(Y\) darf dabei die verdeckte Karte nicht umdrehen. Er lässt zunächst die Münze entscheiden und hat damit eine Strategie mit einer Gewinnwahrscheinlichkeit von \(50\%\) gefunden. Gibt es eine andere Strategie mit höherer Wahrscheinlichkeit?

Bevor Spieler \(Y\) zufällig einen der beiden Zettel auswählt, bestimmt er eine beliebige natürliche Zahl \(C\). Anschließend dreht er zufällig einen der beiden Zettel um. Nun entscheidet er sich wie folgt: Ist die umgedrehte Zahl \( \leq C \), so wählt er die Zahl auf dem anderen Zettel als die größere aus; ist die umgedrehte Zahl \( > C\), so wählt er die soeben umgedrehte Zahl als die größere aus. Erstaunlicherweise ist nun die Gewinnwahrscheinlichkeit \( > 50\% \).

Wir setzen zunächst die Bezeichnung der beiden Zahlen auf \(A < B\) fest. Dann tritt direkt nach der Wahl von \(C\) genau einer der drei folgenden Fälle ein:

  • 1. Fall: \( C \leq A < B \): Dann liegt die Gewinnwahrscheinlichkeit bei \(50\%\), da kein Wissen über \(A\) und \(B\) vorliegt.
  • 2. Fall: \( A < B \leq C \): Dann liegt die Gewinnwahrscheinlichkeit bei \(50\%\), da kein Wissen über \(A\) und \(B\) vorliegt.
  • 3. Fall: \( A < C < B \): Dann liegt die Gewinnwahrscheinlichkeit bei \(100\%\), da falls \( B \) zuerst umgedreht wird, man bei \( B \) bleibt und falls \(A\) zuerst umgedreht wird, man zu \(B\) wechselt, sich also in jedem Fall für die größere Zahl entscheidet.

Überraschenderweise wendet man diese Strategie auch im täglichen Leben an: Muss man sich zum Beispiel beim Einkauf unmittelbar für oder gegen den Kauf eines Produkts entscheiden, ohne ein Vergleichsangebot einholen zu können, so setzt man sich dafür vorab ein finanzielles Limit. Wenn dieses Limit vom tatsächlichen Preis eingehalten wird, wird der Kauf getätigt – im anderen Falle nicht.

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